10. Juli 2012

Inselleben


Etwas später als gewohnt komme ich dazu diesen Blogeintrag zu posten. Aber auf dem Zeltplatz auf der Nordseeinsel Spiekeroog gibt es nun mal kein WLAN. Dafür reichlich Natur, Wind, Dünen, Sandstrand, Meer und relaxte Menschen. Das alles zunächst bei schönstem Sonneschein...Aber der Reihe nach: Der Samstag war zwar ein mit 94 Kilometern sehr langer, aber auch sehr schöner Fahrtag. Er führte mich von Oldenburg Richtung Norden bis nach Neuharlingersiel, dem Hafen nach Spiekeroog. Sonne, mäßiger Wind und angenehme Temperaturen haben sicher dazu ebenso beigetragen wie die schöne Landschaft, durchzogen von Kanälen und vielen Naturschutzgebieten. Hier ist Milchland, jede Menge schwarz-weiß gesprenkelte Rindviecher und große Milchfarmen prägen das Bild wie auch die vielen Windräder. Für alle Fans eines gepflegten Biers, habe ich einige Bilder von der Brauerei in Jever aufgenommen, die durch einige protzige Wolkenkratzer den erreichten Wohlstand der vergangenen Jahre zur Schau stellt. Wenige Kilometer weiter nördlich erreichte ich nach 1270 Km seit Beginn der „Fairen Biketour“ am 5. Juni die Nordsee, ein wahrhaft emotionaler Moment. Damit ist die Süd-Nord-Route komplett, der erste Teil der viermonatigen Radtour. Etwas nervig war die Einschiffung, vor allem der Gepäcktransport. Da auf Spiekeroog Fahrräder unerwünscht sind (der Transport kostet einfache Strecke 17 Euro!), dort aber dennoch jede Menge Räder stehen, beschloss ich das Rad auf dem Festland in einer Autogarage zu „parken“.  Da diese aber rund einen Kilometer von der Fährstation lag, hieß es Gepäck schleppen. Genau als ich um 16.15  Uhr auf dem Boot saß, ging ein kurzes aber heftiges Gewitter nieder. Gutes Timing, denn auf Spiekeroog schien die Sonne. Zum Zeltplatz läuft man dann noch 2,5 Kilometer (zum Glück gibt es ein Elektrofahrzeug, das zumindest den Gepäcktransport übernimmt). Der Platz liegt wunderschön in die Dünen eingebettet und ist einer der wenigen Zeltplätze der Nordfriesischen Inseln. Bis ich das Zelt aufgebaut und geduscht hatte, war es bereits Abend geworden und ich schaffte es gerade noch rechtzeitig im kleinen Laden des Campingplatzes etwas zu Essen zu kaufen. Danach stand noch ein Strandspaziergang am naheliegenden Strand auf dem Programm, bevor ich völlig groggy um 22 Uhr todmüde auf die Luftmatratze fiel und in ca. 3-4 Sekunden eingeschlafen war. Am Sonntag ließ ich es ruhig angehen. Nach dem Frühstück schrieb  ich ein wenig am Blog und wählte Fotos aus. Als die Batterie des Netbooks sich zu Ende neigte, klappte ich den Apparat zu und machte mich auf, die nur 18 Km2 große Insel zu Fuß zu erkunden.  Im östlichen Teil führen schöne Wanderwege durch die Dünen, auf denen man nur wenig Menschen sieht. Im Nationalpark-Haus hatte ich eigentlich nur einen kurzen Trinkstopp eingeplant, doch ein heftiges Gewitter mit Starkregen „zwang“ mich ein leckeres Stück Kuchen zu essen und einen Capucchino zu trinken. Obwohl der Regen später zunächst nachließ, war es mit dem schönen Tag vorbei, nun musste ich mit einer geschlossenen Wolkendecke vorlieb nehmen. Da es erneut zu regnen begann, suchte ich kurzentschlossen das Inselkino auf, um mir „Ice Age 4“ zu gönnen. Ein gelungener Spaß für Jung und Alt, auch das Eichhörnchen ist mal wieder auf nicht ganz ungefährlicher Eicheljagd. Am Besten ist aber der uralte Filmprojektor aus den sechziger Jahren (s. Fotospecial Spiekeroog), der – inklusive Rollenwechsel und echtes Knattergeräusch – unvermindert seinen Dienst tut und laufen soll, bis es nur noch digitales Kino gibt. Nach dem Kino regnete es wieder kräftig, also ging ich Fisch essen... was auch sonst auf einer Nordseeinsel. Nach einem windigen und regnerischen Rückmarsch zum Zeltplatz verkroch ich mich schnell in meinem Zelt, das den Naturgewalten sehr gut trotzte.

Die Nacht verlief stürmisch und regnerisch, aber am frühen Morgen war der Regen abgeklungen und ich hoffte mein Zelt trocken zusammen packen zu können. Doch zu früh gefreut. Kurz nach dem Frühstück in einem feuchten, der Windseite abgewandten Strandkorb, begann es erneut zu regnen. Mir blieb nichts anderes übrig, als das Zelt nass zusammen zu knüllen und die 2,5 Km zum Hafen mit viel Wind und Nässe hinter mich zu bringen. Den anderen Passagieren erging es nicht viel besser, doch obwohl der Wind stark genug war, kleine Kinder beim Gehen aus dem Gleichgewicht zu bringen, meinte der Gepäckheinz am Hafen nur lakonisch: „laues Lüftchen heute“. Nach der Ankunft am Festland, brachte ein Shuttle mich und mein Gepäck zur Garage, in der ich mein Fahrrad geparkt hatte. Nun standen 10 Km bei heftigstem Gegenwind und etwas Regen nach Bensersiel an, für die ich sagenhafte 40 Min. brauchte. Mehr ließ der Wind nicht zu.

Um 16 Uhr startete die Fähre nach Langeoog, der 1. Fairtrade-Insel Deutschlands. Nach gut einer halben Stunde war das Eiland erreicht, das größer und touristischer ist als Spiekeroog. Nach einer kurzen Fahrt mit der Inselbahn empfing mich der evangelische Pastor am Bahnhof und brachte mich zum Gästehaus der Pfarrei. Duschen, Sachen zum Trocknen aufhängen und schnell was essen ... dann ging es gleich zum Vortrag, der vor der überraschend großen Zahl von etwa 60 Menschen stattfand und was Spenden und Buchverkauf anging, sehr gut lief. Nach dem Vortrag lud mich der Inselpfarrer auf ein Bier in einer Kneipe ein und erst nach Mitternacht ging dieser lange Tag zu Ende. 
Fotolink: https://picasaweb.google.com/Quetzalfeder/18OldenburgSpiekeroogLangeoog#